In bestimmten Ausnahmesituationen Entnahme von Tieren möglich
Bozen, 6. Juni 2018 (aiz.info). – Die Südtiroler Landesregierung hat am Dienstag einen Gesetzesentwurf zu „Vorsorge- und Entnahmemaßnahmen bei Großraubwild“ verabschiedet. Eine Entnahme, Fang oder Abschuss einzelner Bären oder Wölfe in bestimmten Ausnahmesituationen könne das Land demnach autonom verfügen, teilt die Regierung mit. Der von Forstwirtschaftslandesrat Arnold Schuler eingebrachte Gesetzentwurf sieht vor, dass der Landeshauptmann Maßnahmen im Management von Bär und Wolf in Südtirol umsetzen kann. Dies sei notwendig zum Schutz der Berglandwirtschaft, wo die primäre Zuständigkeit beim Land liege, so LH Arno Kompatscher nach der Sitzung der Landesregierung. Dabei handle man stets im Sinne der staatlichen und europäischen Vorgaben und nach Einholen eines Gutachtens des staatlichen Instituts für Umweltschutz und Umweltforschung (ISPRA).
„Südtirol ist extrem anthropisiert“, unterstrich Kompatscher und verwies auf die Landkarte: „Es ist hier schwierig, Rückzugsräume zu finden, in denen sich Wölfe und Bären ungestört aufhalten können – deshalb sind Konflikte vorprogrammiert.“ „Mit diesem Gesetz setzt Südtirol die EU-Richtlinie und staatliche Bestimmungen direkt um. Entnahmen dürfen die Population der großen Beutegreifer in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet nicht beeinträchtigen. Es muss also gewährleistet bleiben, dass Braunbär und Wolf den günstigen Erhaltungszustand gemäß Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU erreichen können oder dort verbleiben“, stellte der Landeshauptmann fest.
Geisler: Tirol hat bereits Regelung zur Entnahme von „Problemwölfen“
„In Tirol ist es bereits jetzt möglich, Problemwölfe zu entnehmen. Zum Schutz der Alm- und Weidewirtschaft werden wir aber auch bei uns noch weitere Maßnahmen setzen müssen“, erklärt Landeshauptmann-Stellvertreter und Agrarreferent Josef Geisler. Er kündigt an, eine Steuerungsgruppe zur Sammlung von Erfahrungswerten und zur selbständigen Erprobung eigenständiger Herdenschutzmaßnahmen einzurichten. „Wir wollen einen ‚Tiroler Weg‘ für den Herdenschutz entwickeln“, so Geisler.
„Anders als in Italien gibt es in Österreich bereits seit 2012 einen Wolfsmanagementplan. Hier wird auch der Umgang mit Wölfen ‚in besonderen Situationen‘ behandelt. Für den Fall, dass ein Wolf ohne ersichtlichen Grund aggressiv auf Menschen reagiert oder wenn wiederholt sachgerecht geschützte Nutz- und Haustiere getötet werden, empfiehlt der Österreichische Wolfmanagementplan eine Entnahme. Gedeckt durch das Tiroler Jagdgesetz kann die Behörde nach Anhörung geeigneter Sachverständiger mit Verordnung feststellen, dass von einem bestimmten Wolf, Bär oder Luchs eine unmittelbare Gefahr für die Sicherheit von Personen oder eine unmittelbare erhebliche Gefahr für Weidetiere ausgeht“, so Geisler.
„Wenn wir in diese besondere Situation kommen, werden wir von unseren rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch machen“, kündigt Geisler an. Voraussetzung für eine auch mit den EU-Bestimmungen konforme Entnahme schadensauffälliger Tiere ist allerdings, dass Präventionsmaßnahmen zum Schutz von Tieren ausgereizt sein müssen. Diese sind jedoch nicht nur eine Frage der Finanzierbarkeit, sondern – gerade im alpinen Gebiet – auch der Umsetzbarkeit. Geisler verweist dazu auf die besondere Situation der Berglandwirtschaft. „Im Gebirge gibt es völlig andere Bedingungen. Großflächige Almgebiete, inhomogene Tierherden und auch die verstärkte Nutzung der Almen durch Wanderer machen die Umsetzung von Herdenschutz im alpinen Raum ungleich schwieriger“, gibt der Agrarreferent zu bedenken.