Vom heimischen Samen zum angepassten Pflanzgut

Artikel aus Ausgabe 4/2024

Die klimatischen Veränderungen fordern unseren heimischen Wäldern einiges ab. Angepasste Baumarten und -herkünfte sind für die Widerstandskraft der Bestände wichtiger denn je. Dass das Saatgut von dort kommt, wo auch die jungen Bäume einmal wachsen sollen, ist eine gute Voraussetzung dafür.

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Ausgabe: 4/2024
Thema: Aufforstung, Klimafitter Wald, Wald & Wirtschaft, Waldbau
Bundesland: Österreich
Autor:in: Elisabeth Wedenig

Das Pflanzgut ist ein entscheidender Faktor bei der künstlichen Vermehrung des Waldes. Ist es nicht an die klimatischen und standörtlichen Gegebenheiten angepasst, ist die künftige Waldentwicklung durch höhere Ausfälle und Anfälligkeit gegenüber biotischen und abiotischen Schadeinflüssen sowie unbefriedigenden Zuwachs bedroht. Geeignete Herkünfte für die Aufforstung zu verwenden, legt also den Grundstein für einen gesunden, widerstandskräftigen und ertragreichen Waldbestand. Dafür benötigen Baumschulen, die forstliches Vermehrungsgut erziehen, entsprechende Samen und Saatgutbestände.

Anforderungen an Saatgutbestände
Damit Baumsamen und Forstpflanzen in den Handel gebracht werden können, bedarf es einer Zulassung des Saatgutbestandes durch das Bundesamt für Wald. Bestände werden dafür vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) begutachtet, nach verschiedenen Kriterien bewertet, die Samenbäume beprobt und genetisch untersucht. Geprüfte Anforderungen sind unter anderem die Angepasstheit an die ökologischen Bedingungen, die Widerstandsfähigkeit und der Gesundheitszustand des Bestandes, die Massenleistung und Stammzahl auf einer Mindestfläche und das Alter der Bäume.
Alle Anforderungen an Bestände für die Saatgutgewinnung können hier nachgelesen werden.
Ob ein Bestand zugelassen ist, kann bei der Bezirksforstinspektion nachgefragt werden. Dort gibt es auch Informationen zum Ablauf der Zulassung und den Anforderungen.

Heimische Herkünfte für angepasste Wälder
Wir haben die Berg Baumschule von Peter Jöbstl in Wolfsberg/Kärnten besucht. Hier wird von der Ernte der Samen bis zum Verkauf der fertigen Forstpflanzen alles selbst gemacht. Armin Feldbacher, tätig im Verkauf und in der Beratung, erzählt: „Wir haben das Bestreben, die Pflanzen selbst zu ziehen. Seit einigen Jahren ernten wir auch das Saatgut selbst. Der Zeitpunkt der Samenernte ist ausschlaggebend für die Ausbeute und die Keimfähigkeit der Samen. Dafür gibt es aber kein Rezept – das funktioniert nur mit jahrelanger Erfahrung.“ Geerntet wird mithilfe von Baumsteigern und Saisonarbeitern, je nach Baumart von Ende August bis in den Spätherbst. Baumartenabhängig wird zwischen Stehend- und Liegendbeerntung unterschieden. Tannenzapfen beispielsweise werden fast ausschließlich vom stehenden Baum geerntet, auch der Ahorn eignet sich dafür. Dagegen lässt sich die Lärche ausschließlich gefällt beernten. Die Zapfen der Nadelhölzer werden dann in die Klenge-Anstalt der Österreichischen Bundesforste in Arndorf/Niederösterreich geschickt, wo die Samen vom restlichen Material getrennt werden. Die Laubbaum-Samen werden in der Baumschule selbst gereinigt. Pro beerntetem Baum werden zwei bis fünf Samen an das BFW geschickt, wo die wichtigsten Qualitätseigenschaften bestimmt werden.

Saatgutprüfung zur Qualitätssicherung
Saatguthändler sind verpflichtet, die Qualität des Saatguts labortechnisch überprüfen zu lassen. Anhand der Einsendeprobe wird auf die gesamte Saatgutpartie geschlossen. Von der Sorgfalt der Probenahme hängen also entscheidend die Ergebnisse der Saatgutprüfung ab. Zu prüfende Parameter sind Reinheit, Keimfähigkeit bzw. Lebensfähigkeit und Tausendkorngewicht. Die Untersuchungsdauer ist artspezifisch unterschiedlich und kann mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Das Service der Laboruntersuchung wird aber auch für Interessierte außerhalb des Saatguthandels angeboten. Jeder, der über die Eigenschaften seines Saatgutes Bescheid wissen will, kann Proben an das BFW in Wien schicken.

Herausforderungen
Die langen Produktionszeiträume vom Samen zur fertigen Forstpflanze von zwei bis vier Jahren bei Laubhölzern und bis zu fünf Jahren bei Nadelbaumarten, stellen die Baumschulen vor eine Herausforderung, weil nur geahnt werden kann, welche Baumarten und Stückzahlen in den nächsten Jahren nachgefragt werden. Unvorhersehbare, großflächige Kalamitätsereignisse führen nachfolgend zu einem erhöhten Bedarf an Jungpflanzen für die Wiederaufforstungen.
Auch kurzfristige Förderangebote für bestimmte Baumarten, die auf ein Jahr begrenzt sind, stellen eine Herausforderung dar. „Angenommen heuer werden Tannen gefördert, dann steigt der Pflanzenbedarf kurzfristig um ein Vielfaches. Das Angebot an standortangepassten Jungpflanzen ist aber begrenzt, weil ja die Aufzucht fünf Jahre dauert und damals niemand mit dieser Nachfrage gerechnet hat. Das Verwenden von Ersatzherkünften ist nur bedingt sinnvoll“, berichtet Armin Feldbacher. Er wünscht sich diesbezüglich bessere Planung.
Wie in anderen Baumschulen ist auch im Kärntner Familienbetrieb die vermehrte Nachfrage nach Laub- und Mischbaumarten zu spüren. Eine Tendenz zu wurzelnackten oder Topfpflanzen sieht Feldbacher nicht: „Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile. Die Entscheidung, welche Pflanzen gesetzt werden, ist eine individuelle.“

Info

Die Klenge ist eine Saatgutaufbereitungsanlage, in der Samen aus den Samenständen herausgelöst, gereinigt und anschließend bei einer Temperatur von bis zu -12° C in Glasflaschen tiefgekühlt gelagert werden. Auf diese Weise bleiben sie bis zu 20 Jahre lang haltbar. Die Bezeichnung „Klenge“ kommt vom Klang, der entsteht, wenn die Schuppen aufspringen und den Samen freigeben.
Quelle: ÖBf

Die Jungpflanzen werden im Forstgarten zwei bis fünf Jahre gezogen.

Zwischen den Bäumen werden Fangplanen aufgespannt, die Samen werden vom Baum geschüttelt und von der Plane aufgesammelt.

Ausgebildete, gesicherte Baumsteiger ernten die
Samenstände aus der Baumkrone.

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