Kann man Wildbestände erfassen?

Artikel aus Ausgabe 2/2024

Bei Wildschadensbegehungen stellt sich immer wieder sehr schnell die Frage, wie hoch der Bestand einer schadensverursachenden Wildart ist und wie hoch er sein sollte, damit der Wald in eine natürliche, gesunde Entwicklung gebracht werden kann.

Mehr finden zu …

Ausgabe: 2/2024
Thema: Wald & Jagd
Bundesland: Österreich
Autor:in: FD DI Franz Lanschützer

Es gibt zwar durchaus wissenschaftliche Methoden, die es erlauben, relativ exakt Wildbestände zu erfassen. Diese haben aber für die örtliche Praxis nur insofern Bedeutung als sie beispielhafte Ergebnisse liefern, die zeigen wie unterschiedlich der von den Jägern oftmals geschätzte Wildbestand im Vergleich zum tatsächlichen ist. Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen in abgeschlossenen Gebieten haben bei Rehwild ergeben, dass der Wildbestand um meistens als mehr als das doppelte höher war, als er von den örtlichen Jägern angeschätzt wurde. Grobe Rückschlüsse auf die Untergrenze eines Wildbestandes können über die Höhe von Abschuss- und Fallwild in Bezug zum Zuwachs gezogen werden. 

In typischen Rehwildlebensräumen kann davon ausgegangen werden, dass der jährliche Zuwachs ca. 50 % des Winterbestandes beträgt.

Werden in einem größeren Gebiet längerfristig jährlich 250 Rehe erlegt bzw. als Fallwild registriert, so kann davon ausgegangen werden, dass der Winterbestand an Rehen in diesem Gebiet bei zumindest 500 Stück liegt. Für kleinere Gebiete sind natürlich die örtlichen Verhältnisse mit Zu- und Abwanderung entsprechend zu berücksichtigen.

Biologie des Rehwildes

Insbesondere bei Rehwild wird vielfach auf untragbare Schadenssituationen mit einem erhöhten Abschuss reagiert. Dabei zeigt sich an vielen Praxisbeispielen, dass sich bei einem gering erhöhten Abschuss von vielleicht 20 % keine wesentliche Verbesserung am Waldzustand einstellt und sich auch der Wildbestand nicht verringert. Der Grund dafür ist die Biologie des Rehwildes, das sich durch eine ganz spezielle Strategie vor Überpopulationen sichert. Während beim Gamswild beispielsweise bei erhöhten Wildbeständen oftmals Krankheiten wie Räude, Blindheit oder Endoparasiten in die Bestände eingreifen, schützt sich das Rehwild vor überhöhten Wildbeständen durch einen reduzierten Zuwachs.

Insofern fällt es Rehwildbeständen, die sich an der biologischen Tragfähigkeitsgrenze befinden, sehr leicht, auf einen erhöhten Abschuss auch mit einem erhöhten Zuwachs zu reagieren. In sehr guten Rehwildbiotopen hat sich gezeigt, dass erst bei einer Erhöhung des Abschusses von 50 % und mehr, die erhöhten Abgänge nicht mehr durch einen erhöhten Zuwachs ausgeglichen werden können. Die Folge ist eine Reduktion des Wildbestandes und eine Verbesserung des Waldzustandes.

Derartig hohe Abschüsse sind aber in der Folge nicht langfristig realisierbar, vielmehr stellt sich später ein Gleichgewicht zwischen Rehwildbestand und Waldverjüngung ein. Es gibt zahlreiche Beispiele an vorbildlich geführten Jagden, wo gemeinsam mit der örtlichen Bauernschaft Konzepte entwickelt wurden, um im Zusammenwirken von jagdlichen und forstlichen Maßnahmen Lösungen für Wildschadensprobleme zu finden.

Von der Forstseite können zur Entlastung der Schadenssituation waldbaulich flächige Einzelstammentnahmen und Pflegemaßnahmen gesetzt werden, durch die eine üppige Bodenvegetation entstehen kann. Von jagdlicher Seite sind die Abschüsse angemessen zu erhöhen. Beides zusammen wird der Verjüngung des Waldes dienen, wobei es auch durchaus sinnvoll sein kann, zusätzlich bei sensiblen Baumarten wie der Tanne auch mit Schutzmaßnahmen zu arbeiten.

Das Rehwild reagiert mit erhöhten Zuwachs auf einen erhöhten Abschuss.

  • Wald & Jagd
Klimawandel und jagdliche Herausforderungen
Die Herausforderungen auf Grund des Klimawandels sind sehr hoch. Auch in der Wald-Wild-Jagd Problematik nehmen die „al...
  • Naturschutz
  • Wald & Gesellschaft
  • Wald & Jagd
  • Wald & Wild
  • Wald & Wirtschaft
Ohne Forststraßen kein Auerwild!
Das klingt für manchen Naturschützer fast etwas provokativ, die Lebensraumansprüche des Auerwilds setzen aber lichte ...