Das Forstgut Pichl liegt am Eingang des Veitschtales und zieht sich über einen Höhenrücken bis in den Scheibsgraben bei Wartberg. 350 ha Eigenbesitz der Landwirtschaftskammer teilen sich in 12 ha Grünland und 338 ha Wald. Das Grünland ist gänzlich verpachtet, der Wald wird in Eigenverantwortung der FAST Pichl bewirtschaftet. Die Basis für die Entwicklung des Waldes ist seine geschichtliche Entwicklung über Jahrhunderte, die geologische Situation und das Klima.
Die Geschichte: Das Forstgut Pichl ist seit Jahrhunderten, konkret seit dem 12. Jhd., im Besitz adeliger Großgrundbesitzer, auf deren Grund und Boden sich mehrere Huben und Bauernhöfe befanden. Die stark wechselnden Besitzstrukturen endeten 1947, als das Forstgut von Baron und Baronin Orgyovani von der nach dem 2. Weltkrieg neu aufgebauten Landwirtschaftskammer gepachtet und 1954 gekauft wurde, zum Zweck eines Lehr- und Praxisraumes für die Kursbesucher der neu gegründeten Waldbauernschule.
Diese Faktoren sind die Basis für mögliche Baumarten und deren Entwicklungspotenzial. Der Großteil des Forstgutes befindet sich auf Pretuler Orthogneis, einem sehr nährstoffarmen und sauren Grundgestein. Ein geringer Teil des Waldes stockt auf Kalk oder postglazialen Ablagerungen im Talgrund. Die Jahresmitteltemperatur der letzten hundert Jahre betrug 6,9 Grad, jene der letzten zehn Jahre 9,1 Grad, in einigen Jahren überstieg die Jahresmitteltemperatur die 10 Grad Marke. Erschwerend hinsichtlich nachhaltiger Wasserversorgung der Bäume, kommt die Großteils südexponierte Hanglage dazu.
Als potenziell natürliche Waldgesellschaft überwiegt der Fichten-Tannen-Buchenwald, auf Silikat mit dem Schwerpunkt Fichte und Tanne, auf Kalk mit dem Schwerpunkt Buche. Durch die jahrhundertelange unterschiedliche Bewirtschaftung, meist in Form von Kahlschlägen, wurde die Fichte begünstigt. Zurzeit stocken etwa 80 % Fichten, 10 % Lärchen und 8 % Weißkiefern im Forstgut Pichl.
Klimatische Herausforderungen und Ziele
Durch die steigenden Temperaturen, das Auftreten von Wetterextremen, Stürmen und mangelnden Niederschlägen kommen besonders Fichte und Lärche unter Druck. Fichte stirbt meist nach Blitzeinschlägen und Wassermangel flächig ab, ohne dass Fichtenborkenkäfer die Möglichkeit haben, sich zu entwickeln. Auch die Lärche kämpft mit den trockenen Verhältnissen und verstärkt auftretenden Sekundärschädlingen wie Lärchenknospengallmücke, Läusen und Lärchenbockkäfer.
Daraus resultierend wurden neue Ziele für eine klimafitte Waldbewirtschaftung unter Einbeziehung der dynamischen Waldtypisierung entwickelt. Der Tannenanteil wird auf mindestens 20 % erhöht, jener von Kiefernarten auf circa 15 %. Zusätzlich werden verstärkt, abhängig vom Standort, Laubbaumarten wie Stiel- und Traubeneiche, Rotbuche und Bergahorn eingebracht. Seit dreißig Jahren werden naturnahe Nutzungsformen verstärkt eingesetzt, um dieses Ziel auch erreichen zu können.
Fremdländische Baumarten als Chance?
In den vergangenen 100 Jahren wurde versucht ca. 40 verschiedene fremdländische Baumarten anzubauen. Rückblickend auf Dokumentationen aus dieser Zeit und der sich darstellenden Realsituation vor Ort, kommen nach derzeitigem Wissensstand nur wenige fremdländische Baumarten in Betracht. Absolut positiv entwickeln sich die Große Küstentanne (Abies grandis), die Nordmanntanne (Abies nordmanniana) und die Roteiche (Quercus robur). Für alle anderen Baumarten können aus Gründen der langen Entwicklungszeiten bis dato keine gesicherten Rückschlüsse gezogen werden. 100 Jahre Douglasienanbau im Forstgut Pichl lassen bis dato nur den Rückschluss zu, dass die richtige Herkunft für die geologischen und klimatischen Voraussetzungen des Forstgutes noch nicht gefunden wurde.
Betriebswirtschaftliche und erntetechnische Möglichkeiten
Trotz der geologischen und klimatischen Einschränkungen ist der durchschnittliche Zuwachs von ca. 8 vfm/ha und Jahr als zufriedenstellend zu bezeichnen. Der Einschlag wurde in den letzten Jahrzehnten stetig gesteigert. Möglich ist dies durch Ausnützung des individuellen Zuwachspotenzials des Standortes und der kahlschlagfreien Bewirtschaftung. Die Aufschließung LKW-befahrbarer Straßen beträgt 65 lfm/ha. Dies erscheint einerseits sehr hoch, andererseits ist daraus auch die kleinstruktuierte Bewirtschaftung möglich geworden. 60 % des Geländes sind mit Schlepper befahrbar. Bei 40 % der Flächen sind seilunterstützte Nutzungsformen notwendig. Der Einschlag pro Jahr beträgt zwischen 2.500 und 2.700 efm/Jahr, davon wird etwa 1/3 durch Kursteilnehmer:innen der FAST Pichl durchgeführt. Der nach wie vor überwiegende Teil wird einerseits durch lokale Bauernakkordanten andererseits durch zertifizierte Schlägerungsunternehmen durchgeführt. Selbstverständlich ist der Betrieb PEFC zertifiziert und die Holzmenge wird über den Waldverband Mürztal vermarktet.
Biodiversität und Ökologie
Ein Forschungsprojekt zu dieser Thematik hat gezeigt, dass auch ein Wirtschaftswald mit einer ehemals traditionellen Kahlschlagsgeschichte sehr seltenen und besonderen Lebensformen eine Heimat bietet. Inzwischen hat ein klares Totholzmanagement in der Bewirtschaftung Einzug gehalten, d.h. dass so weit wie möglich stehendes wie auch liegendes Totholz am Nutzungsort belassen wird. Der durchschnittliche Totholzanteil im Forstgut beträgt ca. 50 efm/ha. Der überwiegende Teil der Biomasse verbleibt am Standort.
Jagd und Wildeinfluss
Basis für eine waldgerechte Wildbewirtschaftung oder wildgerechte Waldbewirtschaftung ist ein periodisch stattfindendes Wildeinflussmonitoring auf der gesamten Eigenjagdfläche. Der daraus errechnete Einflussfaktor von Schalenwild und Hasen auf die Entwicklung der Naturverjüngung ist die Basis für den Abschussplan. Seit mehr als 20 Jahren wird nicht mehr gefüttert. Durch das ausgeprägte Lichtmanagement ist eine ganzjährige optimale Äsung für Wildarten garantiert. Ein weiterer Einflussfaktor auf die Abschussplanerstellung ist die Entwicklung des durchschnittlichen Wildbretgewichtes aller erlegten Stücke.
Lernraum für Generationen
Um das Wissen den vielen Kursteilnehmer:innen weitergeben zu können, ist eine Dokumentation aller Maßnahmen, welche im Forstgut gesetzt werden, wesentlich. Dadurch lernt nicht nur der Bewirtschafter, sondern auch nachfolgende Generationen. Das Forstgut steht für Exkursionen unterschiedlichster Thematik gerne zur Verfügung.
Fakten & Details
Besitzstruktur
Eigentum der Landwirtschaftskammer Steiermark
Leiter des Forstgutes: DI Martin Krondorfer, unterstützt von Fö. Andreas Jäger
Rittisstraße 1, 8662 St. Barbara
Betriebsgröße
350 ha arrondiert, 338 ha Wald, 12 ha Grünland
Seehöhe: 600 m – 1.020 m
Nebennutzungen
Fischereirecht im Veitschbach, 1 Fischteich, Imkerei
Baumartenverteilung
80 % Fichte, 10 % Lärche, 8 % Kiefer, Tanne, Rotbuche, Bergahorn
Maschinenausstattung
Ein Knickschlepper mit 2 Doppeltrommelseilwinden und Kran, Rückezange und Polterschild
2 Traktoren (Lindner, Steyr) zu Schulungszwecken mit Seilwinden div. Firmen
1 Krananhänger
1 Seilkran K300 mit Stationärmotor und div. Laufwägen
div. Motorsägen, Elektrosägen, Freischneider unterschiedlicher Firmen