Frauen und Wald – eine nachhaltige Beziehung

Artikel aus Ausgabe 3/2023

Der Wald gilt noch immer als Männerdomäne. Aber es gibt sie: Waldbesitzerinnen, Betriebsübernehmerinnen, Dienstnehmerinnen in Forstbetrieben, Waldverbänden, der Forstbehörde oder anderen forstlicher Organisationen. Macht es überhaupt einen Unterschied, wer sich um den Wald und die Forstwirtschaft kümmert?

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Ausgabe: 3/2023
Thema: Wald & Frau, Wald & Gesellschaft
Bundesland: Kärnten
Autor:in: DI Dagmar Karisch-Gierer

Forstwirtschaft wird nach wie vor mit schwerer körperlicher Arbeit verbunden. Das führt bewusst oder unbewusst dazu, dass Frauen weniger zugetraut wird bzw. sie selbst davon abgehalten werden, den Wald als potenziellen Arbeitsplatz ins Auge zu fassen. Es wundert also wenig, dass man(n) noch immer wenige Frauen bei Holzstammtischen und Waldbauerntagen, in Gremien und Beiräten, und auch in Forstbetrieben, auf Behördenebene oder in der Beratung sieht.
Auf der anderen Seite sind laut Agrarstrukturerhebung 2020 29 % aller Wald(mit)besitzer:innen Österreichs Frauen und auf 35 % der Betriebe mit dem Betriebszweig Wald haben Frauen die Betriebsleitung inne. Auch in der forstlichen Ausbildung und unter den Beschäftigten ist der Anteil von Mädchen bzw. Frauen über die Jahre konstant gestiegen. Aber macht es überhaupt einen Unterschied, wer den Wald bewirtschaftet und die Forstwirtschaft mitgestaltet – Mann oder Frau? Oder anders gefragt: Bringt ein höherer Frauenanteil in der Forstwirtschaft etwas?

Frauen bringen Vielfalt

Es ist wie im Wald: Vielfalt ist die Zukunft, denn sie bringt mehr…

…für die Frauen
In einer Umfrage, durchgeführt im Jahr 2021 im Projekt „Fem4Forest“, gab der überwiegende Teil der befragten Waldbesitzerinnen an, die Waldbewirtschaftung männlichen Angehörigen zu überlassen. Grundsätzlich spricht auch nichts dagegen. Aber was, wenn die bewährte Aufgabenverteilung strauchelt? Wenn aus gesundheitlichen Gründen, nach Trennungen oder Todesfällen „die Frau“ für Holzabfuhr oder Grenzverhandlung zuständig ist? Über die Hälfte der befragten Waldbesitzerinnen stufte ihr forstliches Wissen als „mittelmäßig“ oder „nicht besonders viel“ ein. Auf sich gestellt, wird die eigenverantwortliche Bewirtschaftung für Waldbesitzerinnen schnell zu einer großen Herausforderung. Sich gut um den eigenen Wald kümmern zu können, schafft finanzielle und persönliche Absicherung und Unabhängigkeit. Viele Frauen haben zudem in der Befragung ihre Freude am Gestalten des Waldes und der Natur angeführt. Neben dem materiellen Aspekt ist also auch der Wald selbst ein großer Motivationsfaktor für Frauen.

Das gilt auch für Arbeitnehmerinnen: Die Forstwirtschaft ist ein unglaublich facettenreiches Berufsfeld. Vom Beratungs- und Behördendienst über Dienstleistungsunternehmen bis hin zur Revierbetreuung spannt sich eine große Bandbreite an Einsatzbereichen auf, bei denen es weniger auf die Körperkraft als vielmehr auf das Know-how ankommt. Warum sollten Frauen sich die Chance auf einen derart vielfältigen Arbeitsplatz entgehen lassen?

…für die Forstwirtschaft, Betriebe und Organisationen
Monokulturen haben Vorteile. Sie sind einheitlicher, ihre Entwicklung ist vorhersagbarer. Diese Vorteile können unter geänderten Umständen auch zum Nachteil werden. Frauen und Männer haben oft unterschiedliche Blickwinkel auf den Wald, auf technische, ökologische und wirtschaftliche Fragestellungen. So entstehen breitere Perspektiven, die dynamische Veränderung und Anpassung an neue Rahmenbedingungen erleichtern. Gerade in Zeiten von Klimawandel und Wirtschaftskrisen ist das unabdingbar. Nicht zuletzt leidet auch die Forstwirtschaft unter dem allgegenwärtigen Arbeitskräftemangel. Sie wird es sich in Zukunft schlicht nicht leisten können, Frauen anders, als mit offenen Armen aufzunehmen.

…für den Wald
Frauen sind mit Sicherheit keine schlechteren Forstleute als Männer. Entsprechend ausgebildet, erkennen sie Käferbäume und Pflegerückstände ebenso gut wie ihre männlichen Kollegen, können Pflegemaßnahmen durchführen, Forststraßen planen und Holz verkaufen wie jeder Forstmann. Und je mehr Forstleute mit gutem forstlichen Know-how wir haben, desto besser sind unsere Wälder gepflegt und desto stabiler und zukunftstauglicher entwickeln sie sich.

…für den Ländlichen Raum
Die Landflucht ist weiblich. Junge Frauen ziehen zur Ausbildung in die Stadt und finden dort meist bessere berufliche Angebote vor. Wenn es gelingt, Wald und Forstwirtschaft zu einem attraktiven Arbeitsplatz zu machen, wird auch der Ländliche Raum wieder zugkräftiger. So manche hofferne Waldbesitzerin kehrt zurück in die Heimat, wenn sie mittels Teleworking und Kinderbetreuungsmöglichkeiten den erlernten Beruf damit vereinbaren kann. So steht sie im wahrsten Sinn des Wortes auf zwei Beinen, und der Wald wird zu einem geschätzten und gepflegten „Sicherheitspolster“.

Aktive Angebote sind gefragt
Aber nicht nur auf individueller Ebene, bei den Frauen, sondern auch auf struktureller Ebene, in Unternehmen und Organisationen, sind Maßnahmen gefragt. Die Forstwirtschaft ist gefordert, attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen und Angebote an Waldbesitzerinnen und weibliche Beschäftigte zu machen.

• Wissen: Frauen lernen und schaffen so vieles – warum sollte die Forstwirtschaft eine Ausnahme darstellen? Schulische und universitäre Ausbildungsmöglichkeiten sind gegeben, aber auch in Kursen kann man sich das nötige Wissen aneignen. Die Hemmung, solche Veranstaltungen zu besuchen, sind oft geringer, wenn sie spezifisch für Frauen angeboten werden. Motorsägenkurse, Kommunikations- und Verhandlungsseminare oder Waldspaziergänge für Frauen werden dort, wo es sie gibt, sehr gut angenommen und haben sich als fixes Bildungsprogramm etabliert.

• Sichtbarkeit: Es gibt Forstbroschüren, in denen ausschließlich Männer abgebildet sind. Was man nicht sieht, ist für viele auch nicht vorstellbar. Die Sichtbarkeit von Frauen ist daher extrem wichtig – Frauen in der Forstwirtschaft und ihre Leistungen müssen vor den Vorhang geholt werden, bereiten den Weg in die Normalität und nehmen anderen Frauen die Scheu vor dem „Besonders-Sein“. Das beginnt beim Fotomaterial und geht bis hin zur Besetzung von Diskussionsrunden.

• Vernetzung: Das Gefühl, „die Einzige“ zu sein, bereitet Frauen oft Unbehagen. Außerdem sind sie häufig mit ähnlichen Problemstellungen konfrontiert, z. B. mit dem Gefühl, nicht ernst genommen zu werden oder sich mehr durchsetzen zu müssen als Männer. Sich mit anderen Frauen auszutauschen, von den Erfahrungen anderer zu profitieren und sich gemeinsam weiterzuentwickeln, hilft und macht Mut.

• Arbeitsplatzgestaltung und Integration: Es reicht nicht, Männern und Frauen einfach nur die gleichen Chancen einzuräumen. Organisationen müssen die unterschiedlichen Lebensumstände ihrer Beschäftigten oder Mitglieder berücksichtigen. Dafür gibt es zahlreiche Ansatzpunkte in der Unternehmenskultur, in betrieblichen Strukturen und Strategien. Das beginnt im Auftritt nach außen über Arbeitszeitmodelle und Sitzungsgestaltung bis hin zur bewussten Einbeziehung aller Beteiligten und Betroffenen.

Seit dem Jahr 2003 gibt es den Verein „Forstfrauen“, der zum Ziel hat, Frauen in der Forst- und Holzwirtschaft miteinander zu vernetzen, zu stärken und die Forstwirtschaft mitzugestalten. Mittlerweile zählt der Verein 150 Frauen (und Männer!) aus allen Bereichen der Branche und hat sich als Informationsdrehscheibe und Anlaufstelle für das Thema „Frauen und Wald“ etabliert. Außerdem gab es in den letzten Jahren einige Projekte, um Frauen ebenso wie forstliche Unternehmen und Organisationen auf dem gemeinsamen Weg zu unterstützen.

Wissen und Spaß beim Waldspaziergang – eine Kombination, die die Teilnehmerinnen schätzen.

Motivation, Know-how und gegenseitige Unterstützung sind drei entscheidende Faktoren.

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